Eine verbindliche Entscheidungsabfolge bei der Zulassung solcher Eingriffe soll Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft entgegenwirken und unvermeidbare Beeinträchtigungen kompensieren. Dadurch sollen die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und die Qualität des Landschaftsbildes nachhaltig gesichert werden.
Nicht vermeidbare Eingriffe müssen kompensiert werden
Grundsätzlich sind Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu vermeiden (§ 15 Abs. 1 BNatSchG). Die Vermeidungspflicht zielt aber nicht auf die Vermeidung des Eingriffs an sich ab, sondern nur darauf, am gewählten Standort die Beeinträchtigungen des Eingriffs möglichst zu minimieren. Bei Eingriffsvorhaben, wie zum Beispiel beim Bau einer Straße, ist deshalb darauf zu achten, dass die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft so gering wie möglich gehalten werden. Verbleibende Beeinträchtigungen sind durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in vollem Umfang zu kompensieren (§ 15 Abs. 2 BNatSchG).
Kompensationsmaßnahmen müssen zu einer Aufwertung des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes führen, die geeignet ist, die Beeinträchtigungen, die durch den Eingriff entstanden sind, auszugleichen. Solche Maßnahmen können beispielsweise die Umwandlung von Ackerland in extensives Grünland, die Wiederherstellung von Lebensräumen oder die Anlage von Feldhecken sein. Dabei muss in jedem Einzelfall geprüft und festgelegt werden, welche Maßnahmen in welchem Umfang für die Kompensation eines Eingriffs notwendig sind.
Wenn Eingriffe nicht kompensierbar sind, aber andere Belange denen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgehen, ist eine Ersatzzahlung zu leisten (§ 15 Abs. 6 BNatSchG). Typisches Beispiel ist die Errichtung einer Windkraftanlage. Ab einer Nabenhöhe von über 20 Metern ist angesichts der Anlagenhöhe eine Neugestaltung des Landschaftsbilds praktisch kaum vorstellbar, weshalb in der Regel eine Ersatzzahlung für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes festgesetzt wird, wenn das Vorhaben zugelassen wird.
Naturschutzrechtliches Ökokonto – Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen
Kompensationsmaßnahmen können auf freiwilliger Basis zeitlich vorgezogen und bevorratet werden. Die Bewertung und das Verfahren zur Bevorratung solcher Maßnahmen regelt in Baden-Württemberg die Ökokonto-Verordnung (ÖKVO). Die Maßnahmen müssen zunächst keinen konkreten Bezug zu einem Eingriffsvorhaben aufweisen. Die sogenannten (naturschutzrechtlichen) Ökokonto-Maßnahmen werden in Ökopunkten bewertet und auf einem „Ökokonto“ angespart (naturschutzrechtliches Ökokonto, § 16 Abs. 1 BNatSchG, §16 NatSchG). So ist eine flexiblere Kompensation von Eingriffen möglich. Die Ökopunkte können zudem gehandelt werden. Eine Festlegung, wie viel ein Ökopunkt kostet, gibt es nicht. Dieser Handel unterliegt dem Privatrecht, so dass Verkäufer und Käufer den Preis und die Vertragsbedingungen aushandeln.
Öffentliches Verzeichnis der Maßnahmen
Die naturschutzrechtlichen Kompensations- und Ökokonto-Maßnahmen werden in einem Kompensationsverzeichnis erfasst. Das baden-württembergische Kompensationsverzeichnis wird seit 2011 geführt und beinhaltet zahlreiche öffentlich einsehbare Eingriffsvorhaben sowie diesen zugeordnete Kompensationsmaßnahmen sowie größtenteils ebenfalls öffentlich einsehbare Ökokonto-Maßnahmen. Sinn und Zweck des Verzeichnisses ist es, der Verwaltung und auch Bürgerinnen und Bürgern die Überprüfung der vorgegebenen Umsetzung und des Erhalts der Kompensationsmaßnahmen zu erleichtern. Außerdem soll die erneute Überplanung von Flächen, auf denen bereits Kompensationsmaßnahmen umgesetzt werden, vermieden werden. Ergänzend dient das Verzeichnis der Bevorratung von Ökokonto-Maßnahmen. Das Verzeichnis gibt also einen Überblick über die eingetragenen Maßnahmen und Eingriffe.
Unterschied zum Baurecht
Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach §§ 13 ff. BNatSchG ist von der bauplanungsrechtlichen Eingriffsregelung zu unterscheiden. Bei der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen ist über die Vermeidung und den Ausgleich von Eingriffen nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs (BauGB) zu entscheiden (vgl. § 18 Abs. 1 BNatSchG). Auch nach dem BauGB können Maßnahmen zum Ausgleich bereits vor den Baumaßnahmen und der Zuordnung durchgeführt werden, §135a Abs. 2 Satz 2 BauGB. Man spricht von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen nach BauGB, umgangssprachlich vom bauplanungsrechtlichen „Ökokonto“.