Insektenmonitoring

Inhaltsverzeichnis

Umweltdaten Bericht 2024 01.11.2024

Insektenvielfalt in Naturschutzgebieten am höchsten

Insekten sind essenziell für die Funktion von Ökosystemen. Die meisten Insektenarten kommen auch in Baden-Württemberg dort vor, wo die Landschaft naturnahe Lebensräume bietet und reich strukturiert ist.

Im Rahmen des „Insektenmonitoring Baden-Württemberg“ wird in Baden-Württemberg seit 2018 auf 201 Stichprobenflächen die Anzahl der Arten und Individuen von Insekten untersucht. Bis alle Probeflächen einmal untersucht sind, dauert es vier Jahre. Im ersten Durchgang zwischen 2018 und 2021 wurden insgesamt 6157 Zählungen und Probenahmen vorgenommen, aus denen allein 342.667 Insektenindividuen bis zur Art bestimmt wurden. Damit liegt eine ausgezeichnete Datengrundlage für statistische Analysen vor.

Datenübersicht des ersten Durchgangs von 2018 bis 2021

Dargestellt sind die Anzahl der Probeflächen je Indikator (Baustein), das Jahr der Ersterfassung, die Erfassungsmethode, die Anzahl der Erfassungseinheiten sowie die bisher nachgewiesenen Artenzahlen und Biomassen. Für Details zu den Erfassungsmethoden siehe unter „Gut zu wissen“.

Indikator (Baustein) Anzahl Probe-flächen von 201 insges. Erfassungs- beginn Erfassungsmethode

Erfassungseinheiten (Transektbegehungen, Fallen-Proben, Lichtfänge)

erfasste Artenzahl bzw. mittlere Biomasse
Tagfalter & Widderchen 201 2018 Transektbegehung 799 117 Arten
Heuschrecken 121 2018 Transektbegehung 908 50 Arten
Laufkäfer 80 2019 Bodenfallen identisch „Biomasse Boden“ 152 Arten
Biomasse-Luft Wildbienen 40 2018 Malaise-Fallen identisch „Biomasse Luft“ 251 Arten
Nachtfalter (Altdatenvergleich) 25 2019 Lichtfang 600 780 Arten
Biomasse Boden (Gewicht) 80 2019 Bodenfallen 3.264 4,21 g/Tag
Biomasse Luft (Gewicht) 40 2018 Malaise-Fallen 586 2,89 g/Tag
Gesamt Anzahl Proben 6.157

Datenquelle: LUBW.

Naturschutzgebiete sind insektenreicher

Auswertungen zum ersten Durchgang des Monitorings auf allen Probeflächen zwischen 2018 und 2021 belegen die Bedeutung von Naturschutzgebieten (NSG) im Vergleich zur Normallandschaft für den Erhalt der Biodiversität. So beherbergen die untersuchten Naturschutzgebiete im Durchschnitt mindestens 50 Prozent mehr Arten an Tagfaltern und Heuschrecken als die Probeflächen im Offenland der Normallandschaft. Die höchsten Werte an Biomasse flugaktiver Insekten wurden ebenfalls in Naturschutzgebieten gemessen. Die Individuenzahlen von Tagfaltern und Widderchen liegen in Naturschutzgebieten sogar über 100 Prozent höher als im normal genutzten Offenland.

Unterschied der Insektenvielfalt liegt in der Landnutzung

Die Verteilung der Insektenvielfalt in der Landschaft ist durch eine Vielzahl von Faktoren bedingt. So wurde im Rahmen des Monitorings unter anderem der Einfluss der Anteile von Wald, Acker- und Grünlandflächen sowie gesetzlich geschützten Biotopen auf Insekten analysiert. Den stärksten positiven Effekt auf die Arten- und Individuenzahl von Tagfaltern und Widderchen hat demnach der Anteil gesetzlich geschützter Biotope in den untersuchten Flächen. Dies bedeutet, dass die Fläche qualitativ hochwertiger Lebensräume entscheidend ist für eine hohe biologische Vielfalt an Insekten.

Monitoring als Inventur der Insektenbestände

Insekten umfassen etwa 70 Prozent der beschriebenen Tierarten weltweit. Sie sind aufgrund ihrer vielfältigen Funktionen im Ökosystem unverzichtbar. Dazu zählen beispielsweise die Bestäubung, der Abbau toten Materials und die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Dennoch ist selbst über häufigere Arten erstaunlich wenig bekannt. Die Tatsache, dass die Vielfalt der Insekten und deren Biomasse abnimmt, ist auch in den Medien präsent. Ziel des Insektenmonitorings ist es, aussagekräftige Daten für Baden-Württemberg zu sammeln und Ursachen der Bestandsveränderungen zu ermitteln. Durch die konstante Überwachung können die Dynamik von Insektenpopulationen und bestimmte Entwicklungstrends abgeschätzt werden.

Stichprobenflächen bilden das Offenland der Normallandschaft ab

Für das Monitoring werden Grünland- und Ackerflächen im sogenannten Offenland der Normallandschaft untersucht. Dabei handelt es sich um die Landschaft außerhalb von besonderen Schutzgebieten und außerhalb größerer Waldgebiete. Eine Landschaft, in der mehrheitlich konventionelle Landwirtschaft betrieben wird und die repräsentativ für Baden-Württemberg ist. Zum Vergleich werden Flächen in Naturschutzgebieten beprobt, die aufgrund der Vielfalt und Wertigkeit ihrer natürlichen Ausstattung an Lebensräumen und Arten ausgewiesen wurden.

Baden-Württemberg setzt hohe Standards

Das Insektenmonitoring besteht aus sechs Bausteinen, sogenannten Indikatoren. Diese sollen die Gesamtheit der Insekten repräsentieren, indem tag- und nachtaktive, pflanzen- und fleischfressende Gruppen, Bestäuber sowie am Boden und in der Luft aktive Insekten erfasst werden. Bearbeitet werden folgende Indikatoren:

  • Tagfalter & Widderchen
  • Heuschrecken
  • Laufkäfer
  • Nachtfalter (historischer Vergleich)
  • Biomasse-Luft inklusive Wildbienen
  • Biomasse-Boden

Mit der hohen Anzahl an Stichprobenflächen und der Untersuchung von sechs Indikatoren ist das landesweite Insektenmonitoring im Umfang und Aufwand bundesweit einmalig. Im Zuge der Konzeption des Monitorings wurden Methodenstandards entwickelt, die sich seit nunmehr sechs Jahren auch in der Praxis bewährt haben.

Im Jahr 2021 wurde das Insektenmonitoring von der Landesregierung verstetigt. Seit dem Jahr 2022 finden auf allen Flächen Wiederholungskartierungen statt. Über diese sollen mittelfristig Veränderungen der Bestände der im Land vorkommenden Insekten gemessen werden.

Zentrale Ergebnisse des Insektenmonitorings wurden im Januar 2023 vorgestellt und in einer Veröffentlichung zusammengefasst. Diese steht neben weiterführenden Informationen zum landesweiten Insektenmonitoring auf der Homepage der LUBW zur Verfügung.

Gut zu wissen:

Um Tierarten zu erfassen, bedarf es unterschiedlicher Methoden, die je nach Anforderungen, Ziel- und Fragestellung variieren können. Für das Insektenmonitoring werden folgende Erfassungsmethoden angewandt:

  • Linien-Transektbegehung: in einem vorgegebenen Zeitrahmen wird eine definierte Strecke abgegangen, die sich an Wegen oder Grenzverläufen (beispielsweise Acker in Angrenzung an Grünland) orientieren. Es werden alle Tagfalter und Widderchen mittels einer App identifiziert, punktgenau lokalisiert und gezählt. Diese Erfassungsmethode eignet sich neben der Artengruppe der Tagfalter auch für Libellen.
  • Bodenfallen: Fanggefäß, das bündig zur Oberfläche in den Boden eingelassen wird und mit einer Fangflüssigkeit befüllt wird. Ein eingesetzter Trichter sorgt dafür, dass größere Tiere nicht unbeabsichtigt in die Falle geraten. Diese Fangmethode eignet sich für Laufkäfer und bodenlebende Spinnen.
  • Malaisefallen: Zeltartiger Aufbau eines oder mehrerer feinmaschiger Netze, an deren höchstem Punkt sich ein Behälter befindet, der mit einer Fangflüssigkeit (zumeist konservierendem Alkohol) befüllt ist. Die Tiere geraten zufällig in den Zeltaufbau und versuchen in Richtung Lichtquelle zu entkommen. Am höchsten Punkt werden die Tiere in dem Behälter gefangen und konserviert. Diese Methode eignet sich zur Erfassung von flugfähigen Insekten, die sich in die Richtung einer Lichtquelle mit höherer Beleuchtungsstärke orientieren.
  • Lichtfallen: Turmartiger Aufbau eines dünnen, feinmaschigen und transparenten Netzes, das mit batteriegespeisten LED von innen ausgeleuchtet wird. Der hohe Anteil an ultraviolettem Licht zieht die Tiere an, die sich an dem Gewebe festsetzen. Die Insekten werden nach Möglichkeit vor Ort lebend bestimmt und wieder frei gelassen. Die Methode eignet sich besonders zum Nachweis nachtaktiver Falterarten, Zweiflügler und Köcherfliegen.


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