Grenzwerte Stickstoff

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Umweltdaten Bericht 2024 01.11.2024

Präzisierung der Grenzwerte für die Belastung der Ökosysteme mit Stickstoff

Stickstoff ist ein wichtiger Pflanzennährstoff und gleichzeitig eine Hauptursache für den Verlust an biologischer Vielfalt. Vor allem der Osten des Landes ist von hohen Ammoniakkonzentrationen bedroht. Die Präzisierung der Grenzwerte soll den Umgang mit Stickstoff verbessern.

Katrte von Baden-Württemberg. Dargestellt ist die Ammoniakhintergrund-Konzentration. Hohe Werte finden sich vor allem im Osten des Landes, niedrige im Schwarzwald. © LUBW
Ammoniakkonzentration in Baden-Württemberg.
Karte von Baden-Württemberg. Dargestellt ist die Stickstoffdeposition. Hohe Werte finden sich insbesondere im Osten und Südosten als auch im Schwarzwald. © LUBW
Stickstoffdeposition in Baden-Württemberg.

Was ist reaktiver Stickstoff und woher kommt er?

Stickstoff ist ein lebenswichtiger Nährstoff für Pflanzen. Der sogenannte reaktive Stickstoff, also Stickstoff in Form von Ammoniak, Nitrat, Stickstoffoxiden und weiteren auch organischen Stickstoffverbindungen, spielt eine wichtige Rolle bei vielen Prozessen des Lebens. Durch menschliche Aktivitäten, besonders durch Nutztierhaltung und die Verwendung von Stickstoffdünger in der Landwirtschaft, aber auch durch Stickstoffdioxid aus Verbrennungsprozessen, kann zu viel reaktiver Stickstoff in die Umwelt gelangen. Eine Modellierung der aktuellen Ammoniakkonzentration im Land zeigt erhöhte Werte in den Regionen Baden-Württembergs, in denen die Landwirtschaft von der Nutztierhaltung geprägt ist.

Warum ist Stickstoff schlecht für die geschützten Lebensräume?

Durch den übermäßigen Eintrag des Pflanzennährstoffs Stickstoff kann sich die Vegetation einer Landschaft verändern, besonders, wenn die ursprünglich vorkommenden Pflanzen und Tiere auf nährstoffarme Böden angepasst waren. Darum spielt der Stickstoffeintrag eine so wichtige Rolle für den europäischen Naturschutz über die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie): durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für verschiedene Lebensraumtypen (LRT), wie Magere Flachland-Mähwiesen, Artenreiche Borstgrasrasen oder Moorwälder soll die biologischen Vielfalt geschützt und bewahrt werden. Der Schutz der LRT kann aber nur gelingen, wenn die Belastungsgrenzen für reaktiven Stickstoff eingehalten werden. Geschieht dies nicht, verschlechtert sich der Zustand der LRT, weil das Zuviel an Stickstoff eine unerwünschte Vegetationsveränderung bewirkt.

Die Belastungsgrenzen sind nicht immer gleich

Die Grenzen der für einen Lebensraum noch verträglichen Menge an reaktivem Stickstoff sind nicht einfach zu bestimmen. Es müssen die verschiedenen Wege, auf denen Stickstoff in ein Ökosystem gelangen kann, getrennt betrachtet werden, um später Belastungsgrenzen für jeden Eintragspfad und auch Emissionshöchstmengen gezielt festlegen zu können.

Critical Level (CLe) der Ammoniak-Konzentration

Critical Level sind vergleichsweise einfach anzuwenden, da die Ammoniak-Konzentration gut gemessen und modelliert werden kann und die Belastungsgrenzen für empfindliche Pflanzen besser bekannt sind. Critical Level sind auch ein wichtiger Maßstab für die Stickstoffsättigung der Vegetation. Die international definierten Critical Level reichen von 1 Mikrogramm Ammoniak pro Kubikmeter Luft für den Schutz empfindlicher Flechten und Moose bis 4 Mikrogramm Ammoniak pro Kubikmeter Luft für höhere Pflanzen. Die mittlere Ammoniakkonzentration beträgt in Baden-Württemberg 2,6 Mikrogramm Ammoniak pro Kubikmeter. Die Karte oben zeigt entsprechend die Regionen, in denen pflanzenschädliche Ammoniak-Konzentrationen auftreten in Rot, die ungefährdeten Bereiche Grün (Abbildung "Ammoniakkonzentration in Baden-Württemberg").

Critical Load (CL) der Stickstoffdeposition

Critical Load variieren von 5 bis 25 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr, die mittlere Stickstoffdeposition beträgt in Baden-Württemberg 16,8 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr. Die Stickstoffdeposition kann nicht unmittelbar wie die Ammoniakkonzentration pauschal bewertet und in Bezug zu Grenzwerten gesetzt werden (Abbildung "Stickstoffdeposition in Baden-Württemberg"), denn um die Stickstoffdeposition bewerten zu können, ist eine Bilanzierung von Stickstoffeinträgen und -austrägen erforderlich. Für die Bilanzierung müssen die Standortverhältnisse und die Art der Nutzung betrachtet werden, die oft für die Auswirkung auf empfindliche Ökosysteme entscheidend sind. Die vorliegende Methode wurde jetzt wesentlich präzisiert und praxisgerecht überarbeitet.

Critical Surplus (CS) der Stickstoffüberschüsse in der Landwirtschaft

Die Stickstoffüberschüsse in der Landwirtschaft - im Mittel rund 60 bis 100 Kilogramm Stickstoff pro Hektrar und Jahr bezogen auf die landwirtschaftliche Nutzfläche) werden mit der Hoftorbilanz oder künftig auch Stoffstrombilanz erhoben. Die Erhebungs- und Auswertungsmethodik befindet sich noch in der Entstehungsphase und auch die Grenzwerte (sog. Critical Surplus CS; = Emissionshöchstmengen zum Schutz der Umwelt) stehen noch nicht fest. Die Critical Surplus müssen methodisch konsistent zu den Critical Level und Critical Loads entwickelt werden. Den Anfang macht jetzt die Stickstoffbilanz für gedüngte FFH-Mähwiese, denn FFH-Mähwiesen können Bestandteil der Hoftorbilanz eines landwirtschaftlichen Betriebes sein.

Mit der Stickstoffbilanz die Wirkung von Stickstoff verstehen und bewerten

Für die Bilanzierung der Stickstoffeinträge und -austräge müssen verschiedene Bilanzglieder berücksichtigt werden, wie Auswaschung mit dem Sickerwasser, die Abfuhr mit der Ernte, die Emission als Ammoniak oder die Düngung und Deposition. Am Beispiel der FFH-Mähwiesen können Sie nachvollziehen, wie die Belastungsgrenze für die Stickstoffdeposition (Critical Loads) konkret mit Hilfe einer Stickstoffbilanz flächenscharf präzisiert werden.


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