Was sind Spurenstoffe?
Spurenstoffe – häufig auch Mikroschadstoffe oder Mikroverunreinigungen genannt – werden vom Menschen künstlich hergestellt (absichtlich oder unabsichtlich) und stammen etwa aus Reinigungsmitteln, Medikamentenrückständen oder Unkrautvernichtern. Auch Abwässer aus der Industrie können Reste von Chemikalien enthalten. Problematisch sind auch Stoffe, die durch unvollständige Verbrennungen beispielsweise durch Automotoren, Heizungen, Fabriken, oder Kraftwerke, zunächst in die Luft gelangen und dort mit dem Regen ausgewaschen werden. Alle diese Stoffe kommen zwar nur stark verdünnt – in Spuren – im Abwasser vor, könnten aber langfristig Tiere und Pflanzen in den Gewässern schädigen. Auch unsere Trinkwasserversorgung kann durch sie beeinträchtigt werden.
Mit den bisher üblichen dreistufigen Verfahren (mechanisch – biologisch - chemisch) können Nährstoffe sehr gut aus dem Abwasser entfernt werden, manche Spurenstoffe allerdings nicht. Fast ein Fünftel des baden-württembergischen Abwassers wird daher schon heute in Kläranlagen mit einer sogenannten vierten Reinigungsstufe behandelt – Tendenz steigend.
Diclofenac als Zeiger für eine gelungene Reinigung
Mit Aktivkohle, Ozon, spezieller Filtration oder kombinierten Verfahren sollen so im Mittel 80 Prozent vieler Spurenstoffe entfernt werden. Um das nachzuweisen, wird der Ablauf der Kläranlagen regelmäßig auf das Schmerzmittel Diclofenac und auf vier weitere weit verbreitete Medikamente sowie auf ein Frost- und ein Rostschutzmittel untersucht. Werden diese Leitsubstanzen gut entfernt, kann auch bei vielen anderen Stoffen von einer guten Reinigung ausgegangen werden.
Baden-Württemberg kommt den neuen Regeln der EU zuvor
Baden-Württemberg fördert den Bau der vierten Reinigungsstufe seit Langem. Mit Stand April 2024 sind 30 Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet und 31 weitere Kläranlage planen oder bauen diese. Ausgebaut werden entweder besonders große Kläranlagen, Anlagen, die belastete Industrieabwässer mitbehandeln oder Anlagen, die in besonders empfindliche Gewässer einleiten. Damit kam das Land bereits frühzeitig neuen Regeln der Europäischen Union zuvor, die zukünftig europaweit die schrittweise Nachrüstung zunächst der größeren Anlagen vorsehen. Die Zusatzkosten dieser Reinigung liegen, umgerechnet auf die Bevölkerung, bei unter 10 Euro pro Person und Jahr.
Spurenstoffe sind überall und bauen sich nur langsam ab
Spurenstoffe gelangen häufig über das Abwasser und die Kläranlagen in die Gewässer. Auch in Baden-Württemberg ist dies der Fall: Im „Spurenstoffinventar der Fließgewässer in Baden Württemberg“ (2023) wurden die meisten der knapp 90 untersuchten Stoffe in unseren Flüssen nachgewiesen. Die für die Auswertung im Spurenstoffinventar herangezogenen Referanzwerte wurden zwar meist deutlich unterschritten. Bei einigen, wie beim bereits erwähnten Diclofenac sowie bei Fluoranthen (aus Verbrennungsprozessen) liegen die Konzentrationen aber vielerorts höher als die Referenzwerte.
In der Natur bauen sich viele Spurenstoffe nur sehr langsam ab und können sich deswegen anreichern. Wie gefährlich die Stoffe dadurch langfristig werden können, ist nicht immer ausreichend erforscht.