Schadstoffe in der Nahrungskette

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Umweltdaten Bericht 2024 01.11.2024

Vielzahl an Schadstoffen in Tieren am Ende der Nahrungskette

Tiere am Ende der Nahrungskette reichern Umweltschadstoffe besonders stark an. In Baden-Württemberg wurden in den Lebern von Greifvögeln und Marderartigen 29 Verbindungen nachgewiesen.

Chemikalien werden in einer Vielzahl an Produkten eingesetzt. Gelangen langlebige und giftige Verbindungen in die Umwelt, stellen sie eine Gefahr für Ökosysteme, Pflanzen, Tiere bis hin zum Menschen dar.

Raubtiere zeigen das Vorkommen langlebiger Umweltschadstoffe besonders gut auf, da sich die Schadstoffe entlang von Nahrungsketten in den Tieren anreichern.

Die Lebern der wildlebenden Greifvögel Turmfalke, Mäusebussard, Sperber und Habicht sowie der Marderartigen Baummarder, Steinmarder und Europäischer Iltis wurden daher mit Hilfe einer breit angelegten Analytik auf 2400 organischen Schadstoffe und ihre Abbauprodukte untersucht.

„Alte Bekannte“ und viele Industriechemikalien unter den gefundenen Schadstoffen

Insgesamt wurden in den Lebern der untersuchten Tiere 29 Schadstoffe nachgewiesen. Diese unterteilen sich in folgende Substanzklassen:

  • Industriechemikalien, darunter
    • Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), welche beispielsweise als Imprägniermittel Verwendung finden
    • Polychlorierte Biphenyle (PCB), die unter anderem als Weichmacher und Isolatoren eingesetzt wurden und mittlerweile verboten sind
    • Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die bei Verbrennungsprozessen entstehen
    • Bromierte Diphenylether (BDE), welche als Flammschutzmittel verwendet wurden und größtenteils mittlerweile verboten sind
  • Pestizide, darunter Pflanzenschutzmittel und Schädlingsbekämpfungsmittel
  • Pharmazeutika

​​​​​​​Industriechemikalien stellen den größten Anteil an Schadstoffen in den untersuchten Tieren dar. Dabei sind PFAS sowohl anteil- als auch mengenmäßig am stärksten vertreten (Abbildung Anteil Substanzklassen in den untersuchten Tieren und Gesamtkonzentration der gefundenen Substanzen in den Tierarten).

Es wurden auch einige langlebige organische Schadstoffe in den Tieren gemessen. Diese sogenannten POP (persistent organic pollutants) sind durch die Stockholm-Konvention mittlerweile international eingeschränkt beziehungsweise verboten. Dazu zählen Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS), die Insektizide Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT und das Abbauprodukt DDE) sowie Hexachlorbenzol, die Gruppe der PCB und Pentabromdiphenylether (BDE 47, 99 und 100).

Unterschiede in der Belastung von Marderartigen und Greifvögeln ergaben sich vor allem durch die folgenden Schadstoffe: BDE wurden nur in Greifvögeln und PAK überwiegend in Mardern und Iltissen nachgewiesen (Abbildung Anteil Substanzklassen in den untersuchten Tieren).

Die Belastung der einzelnen Tiere ist unterschiedlich stark ausgeprägt

In den Marderartigen wurden im Durchschnitt 11 Substanzen nachgewiesen. Die Standardabweichung zwischen den untersuchten Tieren lag bei 2. Deutlich stärker schwankte die Anzahl nachgewiesener Substanzen bei den Greifvögeln. Hier wurden im Durchschnitt 10 Substanzen nachgewiesen, die Standardabweichung betrug 7.

Die Konzentration der Substanzen variiert deutlich bei den untersuchten Arten: Die Iltisse sind mit 3,3 ± 2,4 Milligramm pro Kilogramm Leber von allen Marderartigen am stärksten belastet. Bei den Vögeln sticht der untersuchte Sperber mit einer Konzentration von 4,8 Milligramm pro Kilogramm Leber hervor. Da insgesamt jedoch wenige oder nur einzelne Exemplare einer Art untersucht wurden, lässt sich mit der vorliegenden Untersuchung keine allgemeingültige Aussage zur Belastungssituation der Tierarten treffen.

Die Lebensweise der Tiere spielt eine Rolle bei der Schadstoffanreicherung

Eine wichtige Rolle bei der Anreicherung von Schadstoffen spielt die Zusammensetzung der Nahrung. Eine fleischbasierte Ernährung oder Ernährung aus Gewässern führt in der Regel durch eine längere Nahrungskette zu einer stärkeren Anreicherung. Dieser Trend ist beim Iltis erkennbar, der im Vergleich zu Baum- und Steinmarder (Allesfresser, auch pflanzliche Nahrung) eine überwiegend fleischbasierte Ernährung aufweist.

Neue Methoden helfen Substanzen nachzuweisen, die bisher nicht im Fokus waren

Die Proben wurden im Labor für Analytische Chemie der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen mithilfe des Wide-Scope Target Screening untersucht. Dahinter verbirgt sich eine analytische Methode, bei der eine Umweltprobe auf mehr als 2400 Substanzen untersucht werden kann. Dabei können auch immer wieder Substanzen auftauchen, die bisher nicht im Fokus standen, jedoch das Potential besitzen, sich in Tieren anzureichern und sie dadurch zu schädigen.

Die Daten helfen die Schadstoffbelastung der Umwelt einzuschätzen. Sie stehen Behörden und Wissenschaft über das internationale Norman Netzwerk zur Verfügung.

Mehr zur Untersuchung von Schadstoffen in Eiern von Greifvögeln gibt es in der Publikation "Breitbandscreening von Umweltschadstoffen in Eiern verschiedener Greifvogelarten".


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