Quagga-Muscheln

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Umweltdaten Bericht 2024 01.11.2024

Quagga-Muscheln verändern den Bodensee

In jedem Liter Bodensee leben im Schnitt zwei Quagga-Larven. Die invasiven Muscheln dringen in große Tiefen vor und verändern das Gleichgewicht im See.

Von Quagga-Muscheln besiedelter Ast am Seeboden im Jahr 2016 und im Jahr 2021. 2016 sind nur wenige Quagga-Muscheln zu sehen, 2021 ist der Ast dicht bewachsen.© J. Lietzmann
Adulte Quagga-Muschel.© LUBW
Adulte Quagga-Muschel.
Muschellarve (Veligerlarve)© LUBW
Muschellarve (Veligerlarve).
Phytoplankton mit Veligerlarve© LUBW
Phytoplankton mit Veligerlarve

Vorkommen der Quagga-Muschel im Bodensee

Die ursprünglich im Aralsee und dem Schwarzmeerraum beheimatete Quagga-Muschel (Dreissena rostriformis) wurde 2016 erstmals im Bodensee gefunden und breitet sich seither stark aus. In den vergangenen Jahren ist sie vor allem weiter in die Tiefe vorgedrungen. Im Untersuchungsjahr 2023 hat sich im Vergleich zu den Vorjahresuntersuchungen die Anzahl von Quagga-Muscheln in Tiefen zwischen 170 und 251 Metern deutlich erhöht. Die meisten Tiere waren in den Untersuchungsjahren 2022 und 2023 kleiner als 10 mm. Im Januar 2023 wurden erstmals auch Tiere gefunden, die größer als 20 Millimeter waren. Grundsätzlich kann die Quagga-Muschel bis zu 40 Millimeter groß werden.

Durchschnittliche Anzahl an Quagga-Muscheln entlang der Dredge-Transekte

 In 250 Metern Tiefe wurden zwei Transekte beprobt. Angaben in Anzahl Muscheln pro Quadratmeter

Datenquelle: ISF/LUBW. Datenstand: Januar 2024.
Tiefe in Meter Dezember 2019 Januar 2022 Januar 2023
170 2,55 4,48 82,8
215 0,46 2,58 17
235 0,59 6,52 34
250 0,11 4,27 24
250 0,41 6,39 39

Für die Erhebung werden über eine Fläche von etwa 100 Quadratmetern mit Hilfe eines Schlittens (Dredge) Sedimentproben vom Seeboden aufgenommen und die enthaltenen Muscheln nach Größenklassen ausgezählt. Die Tiefenverteilung der Quagga-Muscheln wird bei jährlichen Untersuchungen in Wassertiefen zwischen 170 Meter und 251 Meter analysiert.

Larvendichte erstmals rückläufig

Die Ausbreitung der Quagga-Muschel kann auch über die Verteilung ihrer Larven nachvollzogen werden. Bis 2015 war nur die Zebra-Muschel (Dreissena polymorpha), die sich in den Sommermonaten reproduziert, im Bodensee zu beobachten. Im Gegensatz dazu kann sich die Quagga-Muschel auch bei niedrigen Temperaturen fortpflanzen und ganzjährig Larven produzieren. Eine Unterscheidung der Larven beider Muschelarten ist nicht möglich.

Bis 2015 zeigt sich stets eine Spitze der Larvendichte im Sommer, was der Produktion von Larven der Zebra-Muschel entspricht. Im Sommer 2016 wurde dann erstmals eine Quagga-Muschel im Überlingersee gefunden. Seitdem werden Muschellarven das ganze Jahr über in den Wasserproben nachgewiesen.

Die mittlere Larvendichte (Jahresdurchschnitt) hat von 2016 bis 2021 kontinuierlich zugenommen. Im Jahr 2022 lag sie erstmals niedriger als in den beiden Vorjahren. Auch im Jahresverlauf waren die Larvenzahlen deutlich geringer als in den Vorjahren 2019 bis 2021.

Jahresdurchschnitt von Muschellarven

in 0-100 Metern Tiefe an der Station Fischbach-Uttwil

Datenquelle: ISF/LUBW. Datenstand: Januar 2024.
Jahr Mittlere Larvendichte pro Quadratmeter Maximum
2016 83 573 (Juli)
2017 479 1066 (Nov.)
2018 699 2151 (Mai)
2019 1734 8792 (Mai)
2020 1872 6455 (Juni)
2021 2177 6221 (Mai)
2022 1115 2619 (Mai)

 

Die Abbildung oben zeigt die Anzahl der Muschellarven seit 2010. Grüne horizontale Linien kennzeichnen die Jahresmittelwerte. Der Jahresverlauf bis 2015 zeigt eine eingipflige Kurve, was der Produktion von Larven der Zebra-Muschel entspricht. Die rote Linie markiert den Erstfund einer Quagga-Muschel im Überlingersee 2016. Da die Quagga-Muschel das ganze Jahr über Larven produziert, können diese durchgängig in den Wasserproben nachgewiesen werden.

An der Messstation Fischbach-Uttwil wurde etwa zwei Mal pro Monat eine Probe des freischwimmenden tierischen Planktons – des Zooplanktons – untersucht und die darin gefundenen Muschel-Larven wurden ausgezählt.

Die meisten Larven in 5 bis 20 Metern Tiefe

Die Muschellarven sind in der Regel nicht gleichmäßig in der Wassersäule verteilt, so dass die Individuenzahlen in einzelnen Tiefenstufen durchaus höher sein können als der errechnete Mittelwert von 0 bis 100 Metern. Die Hauptverbreitung der Larven liegt in den Schichten zwischen 5 Meter und 20 Meter Wassertiefe. Die höchste Anzahl an Veligerlarven mit über 20 000 Individuen pro Kubikmeter konnte am 05.07.2022 zwischen 5 und 10 Metern nachgewiesen werden.

Entwicklung der durchschnittlichen und maximalen Larvenzahlen

 in sechs Tiefenstufen an der Station Fischbach-Uttwil in den Jahren 2020 bis 2022

Ind. = Individuen.
Datenquelle: ISF/LUBW. Datenstand: Januar 2024.

Tiefenstufe 2020 Ind/m³ 2020 Maximum 2021 Ind/m³ 2021 Maximum 2022 Ind/m³ 2022 Maximum
0-5 m 2561 18522 (Juli) 4089 22264 (Okt) 930 5987 (Mai)
5-10 m 6998 21890 (Juli) 13535 57988 (Juni) 4616 20206 (Juli)
10-20 m 6139 40271 (Juni) 5869 21609 (Okt) 3927 11413 (Sept)
20-30 m 1488 4139 (Feb) 3056 18896 (Mai) 1374 4911 (April)
30-60 m 1016 2962 (Dez) 1020 7141 (Mai) 566 2120 (Mai)
60-100 m 599 1684 (Jan) 535 1333 (Jan) 350 2023 (Jan)

 

Muschellarven im Untersee

Auch für die Stationen des Untersees wurden im Rahmen des Zooplankton-Monitorings die Muschellarven seit 2011 gezählt. Die höchsten Individuenzahlen erreichten die Muschellarven im Zellersee im Jahr 2012. Die eingipfligen Kurven entsprechen der Larvenproduktion von Zebra-Muscheln. Ein zweigipfliger Verlauf der Kurve, mit einem weiteren Peak im Herbst/Winter, deutet auf eine Quagga-Besiedlung hin. Das ist im Zellersee ab dem Jahr 2017, im Gnadensee und Rheinsee erst ab dem Jahr 2018 zu erkennen. Die mittlere Häufigkeit der Muschellarven war im Jahr 2022 an allen Stationen deutlich geringer als 2021.

Das Bild oben zeigt die Anzahl der Muschellarven im Zellersee (0-20 m), Gnadensee (0-18 m) und Rheinsee (0-30 m, 2016/2017: 0-20 m). Das Auftreten der Quagga-Muschel ist gekennzeichnet durch eine zweigipflige Spitze im Jahresverlauf.

Warum die Quagga-Muschel Probleme macht

Die Quagga-Muschel als invasive Art zeichnet sich durch ein hohes Reproduktionspotential aus. Sie kann Ökosysteme nachhaltig verändern und zu Problemen in den Wasserversorgungsanlagen führen. Für die Trinkwasserqualität ist die Quagga-Muschel kein Problem. Allerdings setzt sie sich an Leitungen und Filteranlagen fest, die deshalb aufwändig gereinigt werden müssen.


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