Fließgewässer in keinem guten Zustand

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Umweltdaten Bericht 2024 01.11.2024

Die meisten Fließgewässer im Land sind in keinem guten Zustand

Der ökologische Zustand dient als Maß für die Funktionsfähigkeit von Gewässern. Standardisierte Bewertungsverfahren zeigen: Die meisten Bäche und Flüsse Baden-Württembergs sind ökologisch nicht intakt.

Nur 6 Prozent der Wasserkörper Baden-Württembergs konnten 2021 als gut bewertet werden. Die Untersuchungen zeigen, dass die Fließwässer vor allem durch Wanderhindernisse wie Stauwehre, stark veränderte Gewässerstrukturen und hohe Nährstoffbelastungen beeinträchtigt sind. Um die Gewässerqualität zu verbessern, müssen stoffliche Belastungen weiter reduziert, Wanderhindernisse passierbar gemacht, natürliche Gewässerstrukturen gefördert und Phosphoreinträge aus Kläranlagen und aus der landwirtschaftlichen Nutzung verringert werden.

Grundlagen der Bewertung

Der ökologische Zustand eines Gewässers wird maßgeblich über die im Wasser lebenden Organismen definiert. Da sich die Lebensgemeinschaft eines Gewässers an veränderte Lebensbedingungen anpasst, spiegelt deren Zusammensetzung prinzipiell alle Einflussfaktoren wider, die auf ein Gewässer einwirken. Daher wird der ökologische Zustand über Vergleiche der vorgefundenen Artenzusammensetzungen mit den natürlichen Referenzzuständen ermittelt. Er wird umso besser bewertet, je weniger die gefundene Artzusammensetzung vom natürlichen Referenzzustand abweicht. Für die Wasserrahmenrichtlinie werden vier unterschiedliche Gruppen, die „biologischen Qualitätskomponenten“, untersucht: Schwebalgen, Wasserpflanzen und Aufwuchsalgen, Wasserkleinlebewesen und Fische.

Ergänzt wird die biologische Bewertung durch die Berücksichtigung der hydromorphologischen Qualitätskomponenten Wasserhaushalt, Gewässerstruktur und Durchgängigkeit sowie der allgemeinen chemisch-physikalischen Parameter. Diese prägen die Lebensbedingungen in den Fließgewässern und gehen daher unterstützend in die ökologische Zustandsbewertung ein. Außerdem wird die Belastung eines Gewässers mit flussgebietsspezifischen Schadstoffen berücksichtigt.

Qualitätskomponenten des ökologischen Zustands

Biologische Qualitätskomponenten:

Phytoplankton

frei im Wasser schwebende Algen,
Belastungsanzeiger für Eutrophierung

Makrophyten und Phytobenthos

Gefäßpflanzen und Aufwuchsalgen, Belastungsanzeiger für Eutrophierung, strukturelle Defizite und Versauerung

Makrozoobenthos

am Gewässerboden lebende, mit bloßem Auge sichtbare Wirbellose, Belastungsanzeiger für saprobielle und strukturelle Defizite sowie Versauerung

Fische

Belastungsanzeiger für hydromorphologische Defizite (Gewässerstruktur, Durchgängigkeit, Abflussgeschehen)

Hydromorphologische Qualitätskomponenten:

Durchgängigkeit

Durchgängigkeit der Fließgewässer für Tiere und Pflanzen (Stauwehre und Ähnliches)

Morphologie

Laufentwicklung, Längsprofil, Querprofil, Sohlstruktur, Uferstruktur und Gewässerumfeld

Wasserhaushalt

Mindestabfluss in Ausleitungsstrecken, Brauchwasserentnahme ohne sofortige Wiedereinleitung

Chemisch-physikalische Qualitätskomponenten:

Temperaturverhältnisse

Wassertemperatur

Sauerstoffhaushalt

Sauerstoffgehalt und bio-chemischer Sauerstoffbedarf

Nährstoffverhältnisse

Gehalte an Phosphor- und Stickstoffverbindungen

Salzgehalt

Chloridgehalt

Versauerungszustand

pH-Wert

Flussgebietsspezifische Schadstoffe:

National geregelte synthetische und nicht synthetische Schadstoffe in Wasser, Sedimenten oder Schwebstoffen

In Wasserkörpern, die aufgrund ihrer Nutzung als „erheblich verändert“ oder „künstlich“ eingestuft sind, wird das ökologische Potenzial erhoben. Dabei wird berücksichtigt, dass das anspruchsvollere Ziel des guten ökologischen Zustands nicht erreicht werden kann - zumindest nicht ohne eine Einschränkung der Nutzung. Zur Ermittlung des ökologischen Potenzials stehen die biologischen Qualitätskomponenten Makrozoobenthos und Fische zur Verfügung.

Rechtsgrundlage und Zeitrahmen

Die Bewertung des ökologischen Zustandes erfolgt nach europaweit einheitlichen Grundsätzen und beruht auf den Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL), die mit der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) in deutsches Recht umgesetzt wurde. Zusammen mit dem chemischen Zustand ist der ökologische Zustand eines Gewässers ein wichtiges Bewertungsinstrument der europäischen Wasserrahmenrichtlinie.

Die Zielsetzung ist, dass europaweit alle Gewässer einen guten ökologischen Zustand erreichen sollen. Dafür werden alle sechs Jahre im Rahmen von Bewirtschaftungsplänen (BWP) die Zustände der Gewässer erhoben, Ursachen identifiziert, die dem Erreichen des guten Zustands noch entgegenstehen und Maßnahmen zur Beseitigung dieser Ursachen aufgesetzt. Den hier dargestellten Untersuchungsergebnissen des BWP 2021 liegen Daten aus den Jahren 2014 bis 2020 zugrunde. Die neuen Auswertungen für den BWP 2027 sind momentan in Arbeit und werden bis Ende 2026 bereitgestellt.


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