Emissionshandel

Inhaltsverzeichnis

Umweltdaten Bericht 2024 01.11.2024

Emissionshandel zur Reduktion von Treibhausgasemissionen

Der Europäische Emissionshandel soll die von der Industrie verursachten Treibhausgasemissionen reduzieren. Welchen Einfluss hat dieses Instrument auf die Emissionen in Baden-Württemberg?

Hohe Preise helfen dem Klimaschutz

Die Europäische Union soll bis 2050 klimaneutral werden und muss ihre Emissionen bis dahin kontinuierlich reduzieren. Bis 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen um 55 Prozent gesenkt werden. Um diese Ziele zu erreichen, wurde der Europäische Emissionshandel (European Union Emissions Trading System, kurz EU-ETS) als zentrales Klimaschutzinstrument eingeführt. Der Europäische Emissionshandel beruht darauf, dass ein Betreiber einer erfassten Anlage für jede Tonne freigesetzten Kohlendioxid (oder eines anderen Treibhausgases) ein gültiges Zertifikat vorlegen muss und es nur eine begrenzte Menge an neuen Emissionsberechtigungen pro Jahr gibt.

Der Europäischen Emissionshandel soll den beteiligten Unternehmen einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren und dadurch ihre Emissionen zu senken. Je höher die Kosten für den Erwerb von Kohlendioxid-Emissionszertifikaten im Europäischen Emissionshandel sind, desto mehr Anreize bestehen für die Unternehmen in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren und diese Kosten somit zu senken.

In den Europäische Emissionshandel (der auch als EU-ETS I bezeichnet wird) sind seit 2005 die Energiewirtschaft, die energieintensive Industrie sowie der Luftverkehr einbezogen. Im Jahr 2024 wurde das bestehende System auf den Seeverkehr ausgeweitet.

Darüber hinaus soll ab 2027 ein eigenständiges Emissionshandelssystem für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr eingeführt werden (EU-ETS II). Weitere Informationen hierzu lassen sich im Abschnitt „Zukünftige Ausrichtung des EU-ETS" weiter unten nachlesen.

Treibhausgas-Emissionsentwicklung in Baden-Württemberg seit 2018

Emissionshandelspflichtigen Anlagen

Quelle: LUBW; Datenquelle: DEHSt.
Zahl der emissionshaneslspflichtigen Anlagen 2022

Emissionen 2018

[t CO2-Äq]

Emissionen 2019

[t CO2-Äq]

Emissionen 2020

[t CO2-Äq]

Emissionen 2021

[t CO2-Äq]

Emissionen 2022

[t CO2-Äq]

Energie 80 16.715.997 12.243.618 9.934.681 14.957.142 16.694.046
Industrie 57 8.415.276 8.056.167 8.045.878 7.990.802 7.400.631
Baden-Württemberg 137 25.131.273 20.299.785 17.980.559 22.947.944 24.094.677
Deutschland 1.731 418.534.751 361.845.917 320.448.856 355.082.261 353.953.207

EU-ETS-Emissionen im Jahr 2022 in Baden-Württemberg

Im Jahr 2022 unterlagen in Baden-Württemberg 137 stationäre Anlagen dem Europäischen Emissionshandel. Diese Anlagen emittierten zusammen etwa 24,1 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente, was einem Anstieg von ungefähr fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (circa 22,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente). Der Europäische Emissionshandel deckt etwa 30 Prozent der Emissionen in Baden-Württemberg ab.

2022 gehörten 80 der 137 emissionshandelspflichtigen Anlagen in Baden-Württemberg der Sparte Energieerzeugung an. Diese Anlagen vereinigten 16,6 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente auf sich. Der Rest der insgesamt mehr als 24 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente wurde durch Industrieanlagen emittiert. Die Anlagen des Energiesektors machen somit etwa 60 Prozent aller emissionshandelspflichtigen Anlagen in Baden-Württemberg aus; deren Emissionen dominieren allerdings mit etwa zwei Drittel die Treibhausgasfreisetzung der handelspflichtigen Anlagen.

Treiber der Emissionsentwicklung in Baden-Württemberg

Wie in ganz Deutschland war die Emissionsentwicklung in Baden-Württemberg für Anlagen, die dem Europäischen Emissionshandel unterliegen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Verwerfungen auf den Energiemärkten geprägt. Der Anstieg der Emissionen im Energiesektor ist eine Folge des vermehrten Wechsels des Brennstoffes von Erdgas auf Stein- und Braunkohle bei der Stromerzeugung aufgrund der veränderten Versorgungs- und Preissituation. Darüber hinaus war die Kapazität des europäischen Stromverbunds aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit des französischen (Atom-)Kraftwerksparks stark eingeschränkt.

Anhand der Daten lässt sich bisher noch nicht erkennen, ob die gestiegenen Zertifikatspreise zu weitreichenden Emissionsminderungen im Energie- und Industriesektor führen. Die Covid-19-Pandemie hatte 2020 zu starken Emissionsrückgängen geführt. Im Jahr 2021 erholte sich die gesamtwirtschaftliche Lage. Diese Entwicklung wurde durch die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine Anfang 2022 beendet. Der daraus resultierende Brennstoffwechsel im Energiesektor prägte die Emissionsentwicklung 2022.

Langjährige Entwicklung der EU-ETS-Emissionen in Baden-Württemberg

Die Treibhausgasemissionen der am europäischen Emissionshandel beteiligten Anlagen in Baden-Württemberg gingen seit 2005 von anfänglich 30,3 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente um 6,3 Millionen Tonnen auf 24,1 Millionen Tonnen im Jahr 2022 zurück.

Die jährliche Änderung der Emissionen von 2005 bis 2018 und die erhebliche Verringerung der Emissionen von 2018 auf 2019 um 5 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente wurden wesentlich von vier mit Steinkohle befeuerten Großkraftwerken (Großkraftwerk Mannheim, Rheinhafendampfkraftwerk Karlsruhe, Heizkraftwerk Heilbronn und Kraftwerk Altbach) bewirkt.

Von 2009 bis 2013 war eine Zunahme der Treibhausgasemissionen um 4,6 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente zu verzeichnen, insbesondere ausgelöst durch eine steigende Nachfrage nach Zement in der Bauindustrie und durch einen erhöhten Energiebedarf.

Bedingt durch einen gestiegenen Import von Strom und die Auswirkung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, reduzierte sich die Stromproduktion aus den vier mit Steinkohle befeuerten Kraftwerken um ein Drittel und infolgedessen gingen deren Treibhausgasemissionen von 14,4 Millionen Tonnen im Jahr 2018 auf 9,9 Millionen Tonnen im Jahr 2019 zurück. Insgesamt wurde bei den Emissionen, die dem Europäischen Emissionshandel unterliegen, von 2018 auf 2019 ein Rückgang von fünf Prozent registriert.

Struktur der am Emissionshandel beteiligten Anlagen in Baden-Württemberg

Der Großteil der Treibhausgasemissionen, die dem Europäischen Emissionshandel unterliegen, wird von Anlagen zur Energieerzeugung, Anlagen zur Herstellung von Zement und Mineralölraffinerien verursacht. Diese Anlagen sind für etwa 93 Prozent der Treibhausgas-Emissionen der Emissionshandels-Anlagen in Baden-Württemberg verantwortlich.

Die Struktur der dem Europäische Emissionshandel unterliegenden Anlagen in Baden-Württemberg deckt sich mit der bundesweiten Anlagenstruktur: viele Kleinemittenten, die einen geringen Anteil an den Gesamtemissionen aufweisen, und wenige Großemittenten, die den Großteil der Emissionen verursachen.

Funktion des EU-ETS

Seit 2005 unterliegen die Treibhausgas-Emissionen 30 europäischer Länder (27 EU-Staaten sowie Lichtenstein, Island und Norwegen) in den Sektoren Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie dem Europäischen Emissionshandel. Er bildet das zentrale Klimaschutzinstrument in Europa, um Treibhausgas-Emissionen kosteneffizient zu reduzieren.

In Deutschland bildet das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) die gesetzliche Grundlage für den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen. Neben Kohlendioxid sind auch weitere Treibhausgase wie Methan (CH4), Distickstoffmonoxid (N2O, „Lachgas“), teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) in den Emissionshandel eingebunden. Seit 2012 nimmt auch der innereuropäische Luftverkehr teil.

Der Europäische Emissionshandel funktioniert nach dem Prinzip des „Cap & Trade“: Eine Obergrenze (Cap) legt fest, wie viele Treibhausgasemissionen von den emissionshandelspflichtigen Anlagen insgesamt ausgestoßen werden dürfen. Die Anlagen erhalten – teilweise kostenlos, teilweise über Versteigerung – eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen. Die Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt werden (Trade). Durch den Handel bildet sich in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage ein Preis für den Ausstoß von einer Tonne an Treibhausgasen (CO2-Äqivalente). Bei den beteiligten Unternehmen soll dieser Preis einen Anreiz erzeugen, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Zukünftige Ausrichtung des EU-ETS

Um den Ausstoß von Treibhausgasen weiter zu senken und die gesetzten Klimaschutzziele bis 2030 beziehungsweise 2050 zu erreichen, hat die Europäische Union das „Fit for 55“-Maßnahmenpaket zur Anpassung der EU-Gesetzgebung zum Klimaschutz und zur Energiewende erstellt. Ein zentrales Instrument von Fit for 55 stellte die Reform des Europäischen Emissionshandel dar.

Anfang 2027 wird der bestehende Emissionshandel durch ein separates System für Gebäude und den Straßenverkehr ergänzt (EU-ETS II). Dieses System löst die nationalen Kohlendioxid-Festpreise des in Deutschland bestehenden Brennstoffemissionshandel (BEH) ab. Mit dem EU-ETS II sollen Sektoren bepreist werden, die derzeit noch nicht in der gesamten EU einem Zertifikathandelssystem unterliegen.

Das Jahr 2022 war das zweite Jahr der vierten Handelsperiode des Europäischen Emissionshandels. Mit der vierten Handelsperiode kommt ein verändertes Zuteilungsregime und ein stärker sinkendes Cap zum Tragen. Zudem wurden weitere Anpassungen für den Europäischen Emissionshandel beschlossen, die schrittweise innerhalb der vierten Handelsperiode umgesetzt werden sollen. Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem:

  • Reduktion der vorhandenen Zertifikate, um Unternehmen zu mehr Klimaschutz-maßnahmen zu animieren.
  • Verringerung der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten (bis 2034 sollen gar keine kostenlosen Zertifikate mehr ausgeteilt werden).
  • Einführung eines Kohlendioxid-Grenzausgleichssystems (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) um dem Risiko der Verlagerung von Treibhausgasemissionen in Länder außerhalb der Europäischen Union (Carbon Leakage) entgegenzuwirken.
  • Einführung eines sozialen Klimafonds zur Unterstützung wirtschaftlich schwacher Haushalte und Unternehmen durch den Preisanstieg von Brennstoffen durch die Emissionsbepreisung.


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